Im Marketing werden immer neue Wege und Möglichkeiten gesucht, Märkte zu adressieren und neue Zielgruppen zu erschließen. Der Marketing-Mix eines Unternehmens bestimmt dabei die Vielfalt der Möglichkeiten, die hierfür genutzt werden. Product Marketing, Preispolitik, Kommunikation und Vertrieb sind die großen Bereiche hierbei. Sie werden in zahlreiche praktische Instrumente heruntergebrochen, die einen Markt – egal welcher Form – ansprechen. Marketingstrategien wie Guerilla-Marketing, Visual Marketing oder Social Marketing dienen alle einem Aspekt aus dem Marketing-Mix und werden von Unternehmen und NGO’s entsprechend eingesetzt. Ein immer beliebteres Werkzeug hierbei ist das sogenannte History Marketing.
Was ist History Marketing?
History Marketing oder auch Geschichtsmarketing nutzt die aufbereitete Geschichte eines Unternehmens oder einer Institution, um eine Zielgruppe von seinen Dienstleistungen, Produkten, seinen USPs oder dem Nutzen für die Allgemeinheit zu überzeugen. Beliebte Formate hierfür sind unter anderem Firmenbiographien, Firmenchroniken, Dauerausstellungen, ein Blog oder ein ansprechend gestalteter History-Bereich auf der eigenen Homepage. Ungewöhnlich an diesem Marketing-Instrument ist, dass es nur einen indirekten Einfluss auf die Wahrnehmung der jeweiligen Zielgruppe nimmt. Das bedeutet, dass die Botschaften, die mit dem Geschichtsmarketing vermittelt werden sollen, zunächst im Hintergrund stehen. Im Vergleich dazu benennt das Produktmarketing die Stärken des Produkts unmittelbar und direkt mit bekannten Keywords („hohe Qualität“, „Made in …“, „100% Recyclebar“, etc.). History Marketing dagegen lenkt den Blick auf vergangene Vorgänge und Prozesse, die oft gar nicht viel mit der Gegenwart des Geschichtsobjekts zu tun haben. Man konfrontiert seine Zielgruppe nicht mit den üblichen Floskeln und Botschaften, sondern zeigt ihnen zunächst etwas völlig anderes.
Welche Ziele können mit History Marketing also erreicht werden?
History Marketing unterbricht somit die gewohnte sach- und produktbezogene Unternehmenskommunikation. Es ist disruptiv. Es weckt Interesse und Neugierde. Marken mit einer größeren Bekanntschaft und einem öffentlichen Image profitieren davon besonders, da History Marketing eine Möglichkeit ist, den öffentlichen Diskurs über das eigene Unternehmen zu beeinflussen. Unbekannte und stark spezialisierte Marken können dagegen bisherige Barrieren in der öffentlichen Kommunikation leicht durchbrechen. Sie fallen so mit Themen auf, die eine breitere Zielgruppe interessieren. Durch die Vermarktung der eigenen Geschichte über die bekannten Kanäle (Presse, Social Media), generieren sie Aufmerksamkeit jenseits von den Fachmedien. Zudem können strategische Botschaften platziert werden, die die Werte des Unternehmens mit konkreten Geschichten und Anekdoten unterstreichen. Diese stellen bestenfalls bildhaft und eingängig dar, wie Unternehmen, NGOs und Institutionen ihren jeweiligen Ansprüchen gerecht werden. Unabhängig vom Format ist hierfür professionelles Storytelling nötig, das die Botschaften authentisch, fesselnd und unaufdringlich kolportiert.
Wann ist History Marketing sinnvoll?
Die einfache Antwort ist: Immer.
Ganz so leicht ist es leider oft nicht. Viele Betriebe, die bereits seit Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten existieren, haben wenig bis gar keine historischen Dokumente aus dieser Zeit. Für die Zeitgenossen war der Kampf ums Überleben auf dem Markt wichtiger, als die bebilderte und schriftliche Dokumentation von Meilensteinen. Dass öffentliche Archive mehr Dokumente haben, ist gewöhnlich nicht der Fall, da in solchen Archiven meist nur behördliche Korrespondenzen aufgezeichnet werden. Informationen über konkrete Vorgänge innerhalb eines Unternehmens gibt es dort nicht. Gerade dies ist aber von Interesse.
"Viele Betriebe haben wenig bis gar keine historischen Dokumente aus ihrer Vergangenheit."
Auch junge Start-Ups und kleinere mittelständische Unternehmen sehen oftmals keine Perspektive darin, ihre eigene Geschichte zu vermarkten. Häufig sind diese erst wenige Jahre alt sind und glauben, dass es wenig zu erzählen gibt. Ist es für kleinere Unternehmen also überhaupt sinnvoll, eine Firmenchronik schreiben zu lassen? Die Frage ist berechtigt und sie führt zu einem wichtigen Thema: Den Grenzen des History Marketings.
Die Grenzen des History Marketings
Viele Agenturen unterstreichen ihr Profil als Historiker. Dies weist sie als wissenschaftliche Fachkräfte aus und belegt ihre Fähigkeiten in der Archivrecherche und der wissenschaftlichen Dokumentation. Es ist keine Frage, dass diese wichtig sind und für die Arbeit des History Marketings unentbehrlich. Eine gründliche Recherche ist schon deshalb erforderlich, damit zentrale Informationen nicht versehentlich außer Acht gelassen werden. Aber gerade bei jüngeren Unternehmen sind Fertigkeiten wie journalistisches Arbeiten, professionelle Stoffentwicklung, Dramaturgie und innovatives Storytelling von mindestens ebenso großer Bedeutung – wenn nicht sogar wichtiger. Es geht dann nicht mehr darum, eine wissenschaftliche Dokumentation in Form einer „Chronik“ zu erstellen. Sondern es gilt, aus vorhandenen Informationen ein Narrativ zu entwickeln, das die jeweilige Zielgruppe anspricht, das fesselt und zugleich die gewünschten Botschaften transportiert. Historische Recherchen sind hierbei nur noch eine Nebensache. Wesentliche Instrumente sind Zeitzeugeninterviews und die journalistische Recherche in der internen Kommunikation, sowie das untrügliche Gespür für die richtige Story. History Marketing wird so zu einem Instrument des Autorenmarketings – besser bekannt als Content Marketing.
Die Grenzen des History-Marketings liegen in den Möglichkeiten der Autoren. Wer jenseits von wissenschaftlichen Arbeiten nach der spannenden und kohärenten Erzählung seiner Unternehmung sucht, ist gut damit beraten, professionelle Autoren mit dem entsprechenden Hintergrund zu suchen. Ein spannender Erzählstil und innovatives Storytelling sind letztlich zentral in der Positionierung Ihrer Marke – auch, um sich die Aufmerksamkeit Ihrer Zielgruppe zu sichern.